• Fünf Führungskräfte im Gespräch im Büroflur; eine Frau spricht, die anderen hören aufmerksam zu – Fokus auf Austausch und Sparring.

Führungskultur lebt von Resonanz. In vielen Leitungskreisen herrscht Stille hinter vollen Agenden. Reporting dominiert, Reflexion fällt aus. Zwei Sätze aus dem Alltag beschreiben die Lage: „Ich werde selten gefragt, was ich denke. Nur, was ich liefern kann.“ „Kritische Fragen gelten schnell als Widerstand.“ Entscheidungen verlieren Klarheit und Führung löst sich vom eigentlichen Unternehmensdialog.

Das fehlende Gegenüber

Es fehlt ein Gegenüber. Sparring bringt blinde Flecken ans Licht und hebt die Gesprächsqualität. Oft werden Zahlen präsentiert, Entscheidungen jedoch bleiben vage und unkonkret. Ein fester Reflexionsmoment im Termin verändert den Verlauf. Zwei Fragen würden genügen: Was könnten wir übersehen? Was folgt daraus? So würden aus Statusmeldungen Entscheidungen mit klaren Kriterien und Verantwortlichkeiten resultieren. Wird der wöchentliche Bericht vom Status- zum Steuerungstermin, steigen Klarheit und Tempo: weniger Themen, klare Prioritäten, eindeutige Zusagen.

„Sich selbst aus der Gleichung nehmen. Dann entsteht Klarheit.“

Ein Strukturproblem, kein Charakterproblem

Einsamkeit an der Spitze entsteht durch Arbeitsrhythmen und Entscheidungswege, die Nachfragen verdrängen. Zu hohe (terminliche) Taktung, viele Gremien, wenig Raum für tiefe Klärung. Loyalität wird oft als Zustimmung verstanden. Kritische Fragen werden zu selten als konstruktiver Beitrag für eine höhere Qualität gewertet. Sind jedoch Widerspruch und Kritik erlaubt, entsteht Präsenz in der Sache. Konflikte tauchen früher auf, Lösungen werden tragfähiger. Führung bleibt steuerungsfähig, auch in verteilten Teams.

Evidenz: Sparring zahlt auf Leistung ein

Metaanalysen zeigen messbare Effekte. Business-Coaching verbessert Performanz, Zielerreichung und arbeitsbezogene Variablen signifikant. Effektstärken reichen je nach Outcome in den mittleren Bereich. (Zur Studie)

Teamreflexivität erhöht die Entscheidungs- und Teamleistung. Studien zeigen: Regelmäßige gemeinsame Reflexion steigert die Entscheidungsqualität und Teamperformance, besonders in komplexen Umfeldern. (Zur Studie)

Strukturierter Dialog zahlt darüber auf die Produktivität ein. Eine Untersuchung von ifo, IAB und Universität Konstanz zeigt: Unternehmen mit institutionalisiertem Gegenüber sind produktiver. Nach Automatisierung liegt der Vorsprung bei rund 30 Prozent. (Zur Studie)

Was Führungskultur braucht

Klare Rhythmen

Teams arbeiten besser, wenn Termine einen klaren Zweck haben und alle den Ablauf kennen. Jeder Regeltermin, mindestens jeder Agendapunkt, erhält eine Hauptaufgabe: Status, Entscheidung oder Reflexion/Austausch. Ein kurzes Entscheidungsprotokoll sichert das Ergebnis mit Kriterien, Optionen, Beschluss und nächstem Schritt ab. So werden zusätzliche Abstimmungsschleifen und Missverständnisse vermieden und die Verbindlichkeit steigt.

Peer-Sparring im Sinne einer Kollegialen Fallberatung

Kleine, gemischte Runden erzeugen Reibung ohne Gesichtsverlust. Führungskräfte treffen sich regelmäßig, sprechen fokussiert über reale Fälle und prüfen Entscheidungen auf blinde Flecken.

Klare Rollen halten die Runde schlank und sorgen für Fokus. Eine Person bringt das Anliegen ein, eine führt durch den Prozess, alle anderen reflektieren und entwickeln Lösungen. In 30 bis 45 Minuten entsteht aus Rohmaterial eine klare Richtung

Das Vorgehen der Kollegialen Beratung ist in folgendem Blogartikel detaillierter beschrieben: Kollegiale Fallberatung – Gemeinsam zu neuen Lösungen

Raum für Führung

Ein geschützter Denkraum schafft Abstand zum Tagesgeschäft. Der Kreis trifft sich monatlich oder quartalsweise, arbeitet ohne Folien und mit kurzen „Sprechzeiten“. Vertraulichkeit ist zwingend Voraussetzung.

Zwei einfache Werkzeuge unterstützen den Prozess:

  1. Im Entscheidungsjournal werden Kriterien, Risiken und Beschlüsse festgehalten.
  2. Im Muster-Logbuch werden wiederkehrende Situationen dokumentiert und Lösungswege verglichen.

So entwickelt sich eine lernfähige Praxis. Entscheidungen werden nachvollziehbar, wiederholbar und ruhiger.

Fragen, die weiterhelfen

Um nicht zu schnell in Lösungen abzudriften, die nicht an der Ursache, sondern an den Symptomen ansetzen, ist es wichtig, tiefer zu graben. Warum-Fragen sind hier das Mittel zum Zweck. Das funktioniert jedoch nur, wenn jegliche persönliche Befindlichkeiten und Emotionen außen vor bleiben. Mit der Frage nach dem Warum, kommt die Ursache an die Oberfläche. Von dort aus kann nach einer Lösung gesucht werden. Leitfragen, die in diesem Zusammenhang ebenfalls hilfreich sind: „Nach welchen Kriterien entscheiden wird?“ Und „Was kann bewusst liegen bleiben und warum?“.

Ein Beispiel aus der Praxis

Ein Bereich mit über 200 Mitarbeitenden arbeitete im Dauerfeuer. Entscheidungen wurden vertagt, Eskalationen häuften sich. Die Führung setzte einen zweiwöchentlichen Steuerungstermin auf: 60 Minuten mit drei feste Agendapunkten:

  1. Lagebild in fünf Sätzen
  2. Entscheidung mit Kriterien, Optionen und Beschluss
  3. Musterblick: Was taucht wieder auf und warum?

Schluss

Die Führungskultur wird gestärkt, sobald gemeinsames Denken und Reflektieren Raum hat. Sparring – intern oder extern – macht eine bessere Leistung und Produktivität wahrscheinlicher.