Das Innere Team – Selbstführung in Phasen des Gedanken- oder Emotionschaos‘

Im Seelenleben des Menschen entfaltet sich eine komplexe Dynamik, die Parallelen zu Gruppen- und Team – Dynamiken aufweist.

„Die innere Dynamik im Seelenleben des Menschen entspricht in weiten Teilen der Dynamik, wie sie sich in Gruppen und Teams ereignet. Das Geheimnis für ein produktives Arbeits- und Seelenleben (…) liegt im gelungenen Zusammenspiel von kooperativer Führung und Teamarbeit.“
(Friedemann Schulz von Thun)

Das innere Team – mehr Metapher als Modell

Das Modell des Inneren Teams nach Friedemann Schulz von Thun fungiert mehr als Metapher, denn als eine fundierte psychologische Theorie. Kern sind darin eine Leitungsperson und ein Team, die miteinander agieren.

Biologisch gesehen sind innere Anteile ein Zusammenspielen von Nervenbahnen und einzelnen Hirnregionen, die darauf abzielen, eine Situation erfolgreich zu meistern.

Schulz von Thun ist ein deutscher Psychologe und Kommunikationswissenschaftler. Er hat vertiefte u.a. Themen der Kommunikation und Psychologie und veröffentlichte zahlreiche Bücher. In seiner wohl bekanntesten Reihe “Miteinander reden: Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation” beschreibt Schulz von Thun das Modell der „Vier Seiten einer Nachricht“ (siehe auch). Er hat durch seine Lehrtätigkeit und seine Veröffentlichungen einen großen Einfluss auf die Kommunikationswissenschaft und die Psychologie der zwischenmenschlichen Kommunikation in Deutschland und darüber hinaus gehabt.

Die innere Vielfalt wird durch unterschiedliche Werte, Emotionen, Bedürfnisse oder Überzeugungen geprägt, was potenziell zu Unklarheiten, Widersprüchen und Konflikten führen kann, wenn sie dauerhaft anhalten. Da wir uns derer oft nicht bewusst sind, braucht es Methoden, diese aus dem Unbewussten ans Licht zu holen. Mithilfe des Inneren Teams gelingt uns das viel leichter. Was es dafür braucht? Etwas Vorstellungskraft und die Bereitschaft zur ehrlichen Selbstreflexion.

Über den Zusammenhang zwischen den 12 Archetypen nach Carl Gustav Jung und dem Inneren Team

Carl Gustav Jung (1875 – 1961, Psychiater und Psychoanalytiker) entwickelte eine eigene Theorie der analytischen Psychologie und betont die Bedeutung des Unbewussten. Jung glaubte, dass die Persönlichkeit tiefer Schichten umfasst, die das individuelle Bewusstsein überschreiten. Eines seiner bedeutendsten Konzepte sind die Archetypen – universale, symbolische Muster und Motive, die im kollektiven Unbewussten der Menschheit verankert sind.

Jung identifizierte zwölf Archetypen, die in Mythen, Träumen und Geschichten aus verschiedenen Kulturen wiederkehren und als Werkzeuge zur Selbsterkenntnis und zur Analyse von Geschichten, Träumen und persönlichem Verhalten dienen können. Sie lassen sich unter anderem mit der Metapher des Inneren Teams wunderbar kombinieren:

1. Der Weise
2. Der Unschuldige
3. Der Entdecker
4. Der Herrscher
5. Der Schöpfer
6. Der Fürsorgliche
7. Der Magier
8. Der Held
9. Der Rebell
10. Der Liebende
11. Der Narr
12. Der Jedermann

Die Deutung der inneren Anteile reicht nicht nur in die psychologische und biologische Ebene, sondern erstreckt sich auch auf weitere psychoanalytische Modelle. Sowohl Freuds Ich-Anteile (Ich, Es, Über-Ich) als auch die Modelle der Transaktionsanalyse finden im Inneren Team Anwendung.

Wozu dient die Arbeit mit dem Inneren Team?

Es hilft uns, uns selbst in Momenten der Entscheidungsunfähigkeit, inneren Inkongruenz, zerstörerischen Verhaltensmustern, Prokrastination oder Vermeidung sinnvollen Verhaltens, besser zu verstehen. Das Innere Team ermöglicht einen Blick auf die verschiedenen inneren Anteile, die miteinander ringen und nach Lösungen suchen.

Eine praktische Anleitung zur Arbeit mit dem Inneren Team

Für die Reflexion und Entscheidungsfindung braucht es vor allem Ehrlichkeit und Zeit zur Selbstreflexion. Ist beides vorhanden, kannst Du folgendermaßen vorgehen:

  1. Sich selbst anhören: Verstehen, worum es geht.
  2. Anliegen definieren: Werde Dir selbst über das Ziel und den Grad der Belastung klar.
  3. Entscheiden: Ist die Weiterarbeit mit dem Inneren Team sinnvoll? Wenn die Antwort JA lautet, weiter mit Schritt 4.
  4. Innere Anteile definieren: Dies ist der wichtigste Part im Prozess. An diesem Punkt angekommen, werden die unterschiedlichen Anteile in Form von inneren Stimmen, Emotionen, Überzeugungen und ähnlichem ins Bewusstsein geholt und aufgeschrieben. Durch Visualisierung der Anteile werden Beziehungen, Abhängigkeiten und Widersprüche untereinander klarer. Dem kann sich eine innere Befragung jedes Teammitglieds anschließen. Wichtig hierbei ist keine Wissenschaft daraus zu kreieren, sondern intuitiv und zügig vorzugehen. Was sich zeigt findet Platz, was nicht, nicht.
  5. Inneres Team verhandelt untereinander: Los geht die Suche nach einer Einigung. Hierzu darf jedes Teammitglied zu Wort kommen und Vorschläge einbringen. Getreu dem Vorgehen „Ja, und…“ statt „Ja, aber…“ Es gewinnt der Vorschlag, der insgesamt den geringsten Widerstand bei allen Beteiligten auslöst.
  6. Fortschritt beobachten: Sobald die Lösung gefunden wurde, darf sie umgesetzt werden. Was wird beobachtet? Funktioniert sie oder braucht es Anpassungen?

„Nur wenige sehen ein, dass sie nur eine einzige Person führen können und müssen. Diese Person sind sie selbst.“
(Peter F. Drucker)

Fazit

In praktischer Hinsicht führt das Ergebnis der Arbeit mit dem Inneren Team zu einer gesteigerten Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen, Herausforderungen zu bewältigen und effektiv zu handeln. Die gewonnene Selbstkenntnis und die verbesserte Selbststeuerung können positive Auswirkungen auf das allgemeine Wohlbefinden, das zwischenmenschliche Verhalten und die berufliche Leistung haben.

Ein ausgewogenes Inneres Team trägt dazu bei, ein produktiveres Arbeits- und Seelenleben zu gestalten, indem es eine innere Grundlage für Resilienz, Selbstführung und erfolgreiche zwischenmenschliche Beziehungen schafft.

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