Eine Wiederbegegnung mit einer alten Bekannten kann eine erfreuliche Erfahrung sein. Die Freude, sich nach so langer Zeit wiederzusehen, ist oft überwältigend. Es ist erstaunlich, wie schnell die Zeit vergeht, als ob es gestern gewesen wäre, als ihr das letzte Mal zusammen einen Kaffee getrunken und über verschiedene Themen gesprochen habt. Doch plötzlich ändert sich die Stimmung, und sie beginnt, Kritik an deinen Entscheidungen zu üben, was dich verletzt.
Verständnis für unerwartete Stimmungswechsel
Was passiert in solchen Momenten zwischen zwei Menschen?
Genau diese Frage und wie wir sie besser verstehen können, werden wir in diesem Artikel untersuchen.
Transaktionsanalyse: Ein Blick in die Psychologie der Kommunikation
Die Transaktionsanalyse kann dafür hilfreiche Einblicke liefern. Es handelt sich um ein psychologisches Modell, das sich mit menschlicher Kommunikation und Beziehungen befasst. Es wurde in den 1960er Jahren vom amerikanischen Psychiater namens Eric Berne entwickelt und basiert auf den Grundlagen der Psychoanalyse.
Die Grundlagen der Transaktionsanalyse
Die Transaktionsanalyse nimmt an, dass die Untersuchung von Kommunikations- und Verhaltensweisen Hinweise auf die Persönlichkeit von Menschen geben und für die Analyse herangezogen werden kann.
In der Praxis erweist sie sich als ein nützliches Instrument zur frühzeitigen Vermeidung von Konflikten. Sie macht menschliches Verhalten verständlich und gestaltbar, was wiederum Orientierung bietet und Einblicke in die Persönlichkeiten anderer sowie in die eigene Persönlichkeit und die Dynamik zwischen Menschen ermöglicht. Dadurch wird klarer, was in einem selbst, in anderen Personen und während der Kommunikation vor sich geht und wie jeder dieser Aspekte weiterentwickelt werden kann.
Kurz gesagt, die Transaktionsanalyse kann uns dabei unterstützen, auf Augenhöhe miteinander zu kommunizieren.
Kommunikation auf Augenhöhe auch dank des zugrunde liegenden positiven Menschenbildes
Die Grundannahme der Transaktionsanalyse ist ein positives Menschenbild. Eric Berne formulierte dies mit den beiden einfachen Aussagen:
„Ich bin o.k.“
„Du bist o.k.“.
Damit legte er den Grundstein für eine Art der Kommunikation, die von Respekt, Verständnis und Interaktion auf Augenhöhe geprägt ist.
Die Transaktionsanalyse geht davon aus, dass jeder Mensch in einem guten Zustand geboren wird und über ein gesundes Potenzial verfügt. Jeder besitzt die Fähigkeit zu denken, Probleme zu lösen und Verantwortung für sein Leben zu übernehmen.
Unterschiedliche Verhaltensweisen resultieren aus verschiedenen Prägungen in Bezug auf Charakter, Emotionen und Erinnerungen.
Die Ich-Zustände, ihre Bedeutung und ihre Auswirkungen
Berne formulierte die Hypothese, dass unser Verhalten aus verschiedenen „Ich-Zuständen“ besteht: dem Eltern-Ich, dem Erwachsenen-Ich und dem Kind-Ich. Je nach dem Zustand, in dem wir uns befinden, ändert sich unsere Wortwahl, unsere Stimmlage, unsere Mimik und Gestik.
Eltern-Ich
Das Eltern-Ich ist der Zustand, in dem wir Verhaltensmuster finden, die wir von unseren Eltern oder anderen Autoritätspersonen übernommen haben. Hier sind Regeln, Normen und Wertvorstellungen verankert, die unsere Sicht auf die Welt prägen. In der Kindheit, bis zum fünften oder sechsten Lebensjahr, erfolgt die Wahrnehmung von Ereignissen weitgehend ohne kritisches Hinterfragen. Kinder akzeptieren Anordnungen, übernehmen elterliche Aussagen kritiklos und hinterfragen feste Regeln nicht.
Erwachsenen-Ich
Das Erwachsenen-Ich repräsentiert unseren rationalen und objektiven Verstand. Hier treffen wir Entscheidungen auf Basis von Fakten und Informationen und kommunizieren sachlich und vorurteilsfrei. Ein respektvoller Umgang mit Mitmenschen ist hierbei Voraussetzung.
Im beruflichen Umfeld zeichnet sich das Erwachsenen-Ich durch Wertschätzung, Reflexion und Neutralität aus.
Kind-Ich
Das Kind-Ich enthält unsere emotionalen Reaktionen und Impulse. Es kann sowohl rebellisch als auch verspielt sein und ist von kindlichen Eindrücken, Gefühlen und Empfindungen geprägt. Albernes, trotziges und spontanes Verhalten sind genauso Teil des Kind-Ichs wie eine fantasievolle, neugierige und kreative Herangehensweise.
In zwischenmenschlichen Interaktionen werden diese Ich-Zustände auf zwei Ebenen deutlich:
- Auf der körperlichen Ebene durch Stimmlage, Gestik und Mimik, die die verbale Interaktion begleiten.
- Auf der verbalen Ebene, die den Inhalt der Kommunikation betrifft.
Es ist wichtig zu beachten, dass nicht nur wir selbst uns in einem bestimmten Ich-Zustand befinden, sondern auch unsere Gesprächspartner.
Die Herausforderungen der Transaktionsanalyse im Alltag
Besonders interessant wird es, wenn wir die Praktikabilität im Alltag überprüfen.
Die Anwendung der Transaktionsanalyse in der Praxis ist nicht immer einfach, da Kommunikation und Interaktion oft automatisiert und ohne Reflexion ablaufen.
Kategorisierung von Transaktionen
Um die Transaktionsanalyse besser zu verstehen, können die Transaktionen zwischen den Ich-Zuständen kategorisiert werden:
- Komplementäre Transaktionen, bei denen die Interaktion reibungslos und erwartungsgemäß verläuft. Sie treten oft zwischen Eltern-Ich und Eltern-Ich oder zwischen Eltern-Ich und Kind-Ich auf.
- Gekreuzte Transaktionen, die zu gestörten und konfliktbeladenen Interaktionen führen. Ein Beispiel wäre, wenn eine sachliche Bitte aus dem Erwachsenen-Ich trotzig vom Kind-Ich abgelehnt wird.
- Verdeckte Transaktionen, die unterschwellige Störungen in der Interaktion darstellen und bei denen verschiedene Ich-Zustände zum Vorschein kommen. Die Analyse von Gestik, Mimik und Tonfall ist hierbei erforderlich.
Die Anwendung der Transaktionsanalyse in verschiedenen Lebensbereichen
Die Transaktionsanalyse findet in verschiedenen Lebensbereichen Anwendung.
Beispiel 1: Ein Kind kommt nach Hause und sagt: „Alle in meiner Klasse sind talentierter als ich.“ Hier haben wir eine inkongruente Kommunikation. Das Kind äußert sich aus der Perspektive eines Kindes, während die Eltern möglicherweise in die Elternrolle schlüpfen und Trost spenden möchten. Besser wäre, in die Erwachsenen-Perspektive zu wechseln und nach den Gründen für dieses Gefühl zu fragen.
Beispiel 2: In einer beruflichen Umgebung kann die Transaktionsanalyse bei der Bewältigung von Konflikten nützlich sein. Wenn jemand regelmäßig Anweisungen aus einer elterlichen Position heraus gibt und der andere sich in einer kindlichen Position verteidigt, kommt es zu einer inkongruenten Interaktion. In solchen Situationen ist es wichtig, in die Erwachsenen-Perspektive zu wechseln, um sachlich über die Aufgabenverteilung zu diskutieren und mögliche Lösungen zu finden.
Beispiel 3: Ebenfalls im beruflichen Kontext: Wenn sich eine Kollegin immer in einem fürsorglichen elterlichen Modus gegenüber ihrer Arbeitskollegin befindet, wird sie möglicherweise erkennen, warum sie ständig Arbeiten für diese Person erledigen muss.
Beispiel 4: Auch in zwischenmenschlichen Beziehungen ist es möglich, dass ein Partner die Rolle des elterlichen Ichs übernimmt und den anderen bevormundet, ohne dass beide sich dieser Verhaltensmuster bewusst sind.
Beispiel 5: Ebenso kann es vorkommen, dass jemand in die Rolle des kindlichen Ichs schlüpft und sich wundert, warum er nicht ernst genommen wird.
Fazit: Die Transaktionsanalyse ist ein Schlüssel am Schlüsselbund zur besseren Kommunikation und Beziehungsgestaltung
Die Transaktionsanalyse bietet eine wertvolle Perspektive zur Verbesserung unserer Kommunikation und Beziehungen. Indem wir die Ich-Zustände erkennen und bewusst wählen, wie wir kommunizieren, können wir Konflikte reduzieren, Verständnis fördern und erfolgreichere Beziehungen aufbauen.
In der Praxis ist es dabei wichtig, sowohl den Ich-Zustand des Gesprächspartners zu erkennen als auch den eigenen Ich-Zustand zu analysieren, zu reflektieren und zu hinterfragen. Die Kategorisierung von Verhaltensmustern in komplementäre, gekreuzte und verdeckte Transaktionen kann dabei hilfreich sein.
Menschen, die in der Lage sind, sich selbst und ihr Verhalten objektiv zu betrachten, werden die Gründe für manche Probleme erkennen.
Die Transaktionsanalyse kann dazu beitragen, in verschiedenen Lebensbereichen, sei es privat oder beruflich, effektiver zu agieren, da sie zur Persönlichkeitsentwicklung beiträgt. Voraussetzung dafür sind Selbstreflexion und Durchhaltevermögen.
Siehe auch: Ausstieg aus dem Regelkreis – Wie er gelingen kann; Sätze unserer Kindheit – Prägungen bis ins Erwachsenenalter; Konditionierungen und Überzeugungen transformieren; Wie Self-Leadership die Kommunikation im Team verbessern kann
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